Aus dem Tagebuch von Panamericana-Reisenden

Warum dauert das so lang?

Unzählige Bücher haben wir mitgenommen. Nicht digital, sondern so richtige Bücher mit Seiten und Buchstaben. Die wollten wir lesen und irgendwo wollten wir uns Nachschub schicken lassen; postlagernd oder so. Soweit der Plan, so wenig die Wirklichkeit. Dass wir nicht zum Lesen kommen, ist ein Symptom einer für uns unerwarteten Zeitrechnung.

Um es vorwegzunehmen: Unterwegs als Overlander auf der Panamericana und sicherlich auch in allen anderen Teilen der Welt zu sein, ist unglaublich zeitraubend. Alles, was man tut, dauert ungleich länger als daheim.

Kochen auf Reisen

Beispiel kochen. Schnell macht sich der Unterschied zwischen dem heimischen Herd mit Induktionsfeld und unserem einflammigen Spirituskocher bemerkbar. Dort, wo sonst zwei oder drei Töpfe gleichzeitig blubbern, kochen wir heute alles nacheinander, in der Hoffnung, dass die Nudelsauce noch nicht kalt ist, wenn die Nudeln endlich eine annehmbare Bissfestigkeit erreicht haben. Ja, wird sich mancher denken, warum habt ihr dann nicht einen zweiflammigen Gaskocher mitgenommen? Weil jedes Gramm und jeder Kubikzentimeter Platz zählen und für die zwei Flammen einfach kein Platz im Auto war. Nichtsdestotrotz: Für den schnellen Kaffee zwischendurch haben wir uns tatsächlich noch einen kleinen Gasbrenner besorgt, geht halt doch schneller, als mit Alkohol. Apropos Alkohol: Daheim kommt Gas oder Strom wie selbstverständlich aus der Leitung, wir hoffen in jedem größeren Supermarkt, entweder Gas oder Spritius kaufen zu können. Momentan kommen wir immer gut hin, aber unser Notvorrat, die letzte Flasche oder Kartusche wurde auch schon mal angebrochen.

Einkaufen

So selbstverständlich, wie man im Aldi oder Edeka ins Regal greift, ist das Einkaufen auf Reisen nicht. Zum einen gibt es nicht alles, was man von daheim gewohnt ist. Wo steht beim Aldi die Milch? Weiß jeder! Ob sie hier im Mercado zu finden ist, ist nicht immer gesichert. Zudem bevorzugen wir die Tetrapacks (gibt es hier, ja!) mit Schraubverschluss, damit nichts überläuft, wenn es mal wieder auf Rüttelpisten unangemessen wackelt. Brotvorrat für drei Tage kaufen? Nicht hier, weil Du nicht weißt, ob es Nachmittags überhaupt noch Brot gibt. Obst und Gemüse auf Vorrat? Nicht in jeder Stadt und immer mit dem Blick auf den nächsten Grenzübergang, an dem die Mitnahme von Obst, Gemüse, Fleisch und Co. verboten ist. Hat man es trotzdem dabei, freuen sich die Zöllner und nehmen es Dir ab.

Findet man im Supermarkt hingegen „unsere“ Lebensmittel, also mal eine Tafel Schokolade, echten Orangensaft (nicht nur Nektar) oder ein Glas Pesto, dann ist das hier un-un-unangemessen teuer. Importierte Lebensmittel sind gerade in Argentinien unbezahlbar. Johnny Walker: 38 Euro, Nutella (kleines Glas): 6 Euro, Barilla Pesto: 7 Euro, Pfund Butter: 3 Euro. Und wer glaubt, Obst, Gemüse oder einheimische Lebensmittel seien billiger, den können wir beunruhigen. Für drei Bananen, eine Paprika und eine kleine (einheimische) Zucchini haben wir auch schon acht Euro bezahlt. Allein Brot, lokaler Wein und Fleisch sind hier in Chile und Argentinien unglaublich günstig. Beim Einkaufen heißt es also: Zeit mitnehmen. Der gewöhnliche Einkauf im Supermarkt oder mangels Supermarkt in mehreren kleinen Läden hintereinander nimmt schon mal eineinhalb Stunden in Anspruch. Suchen, auswählen, umrechnen. Alles braucht seine Zeit.

Waschen auf Reisen

Unsere Auswahl an Klamotten ist platzbedingt beschränkt, ergo ist unsere Waschfrequenz ein bisschen höher, als daheim. Aber wo wäscht man? Auf unserer bisherigen Route ist der Gang in den Waschsalon state oft he art. Waschmaschinen sind noch immer nicht in allen Haushalten zu finden, dementsprechend verbreitet sind die Salons, die gleich eine ganze Wäscheladung entgegen nehmen. Einmal alles bitte, morgen abholbereit, danke, 8 Euro. Die Suche nach dem Waschsalon, das Hinbringen und Abholen, alles dauert und ist nicht so schnell erledigt, wie mal eben eine Maschine anzustellen, den Trockner zu bedienen und hinterher zusammenzulegen. Von Handwäsche mal ganz zu schweigen.

Kein Handgriff zu viel

„Hase, wo ist denn …“, der meist gesagte Satz bisher. Egal was man tut, man muss erst suchen. So gut der Defender eingerichtet ist, so platzsparend und ausgeklügelt, er ist und bleibt ein schwarzes Loch. Egal was man braucht, es ist entweder verschwunden oder vermeintlich unerreichbar verstaut. Die Senseo daheim ist schnell bedient, Wasser ist im Tank, das Pad liegt griffbereit daneben, die Tasse im Regal darüber. Und Kaffee kochen auf Reisen? Gaskocher, Feuerzeug und Kaffeekanne holen. Wenn die Kanne schon mal sauber ist, dann ist garantiert das Gas leer. Und wo gibt’s Trinkwasser? „Ich geh’ mal schnell zum Fluss!“. Warten bis der Kaffee fertig ist, währenddessen Jagd auf die Tasse machen, die gestern Abend noch für den Rotwein herhalten musste. Ist natürlich nicht gespült. „Ich geh’ mal schnell zum Fluss!“. So geht die Zeit ins Lande, und während die Senseo schon acht Tassen ausgespuckt hätte, die Zeit für das Nachfüllen des Tanks aus der Wasserleitung hier ignorierend, da kommt aus der Bialetti oben nur ein Tröpfchen braune Sauce heraus, der Rest blubbert an der undichten Dichtung vorbei auf den Brenner. Erstmal sauber machen, dann nochmal von vorne. „Ich geh mal schnell zum Fluss!“.

Alles dauert, alles braucht seine Zeit

Jeder Handgriff dauert auf Reisen länger, als daheim. Und obwohl die Tage hier viel länger sind, es ist hell von fünf bis zehn, vergehen sie doch wie im Flug. Allein das Aufbauen und Abbrechen unseres täglichen Nachtlagers dauert fast zwei Stunden, bis alles gekramt, gespült, gepackt und zugeklappt ist. Und wenn wir dann mal zwei Nächte am gleichen Ort bleiben, dann ist auch endlich Zeit genug, um einen Blogbeitrag zu schreiben. Über die Zeit zum Beispiel, die hier viel zu schnell vergeht.

  1. Wir nennen es Gefuddel :-) Kennen wir gut. Nach zwei Jahren mit unserer Elise haben wir nochmal viel am Stauraum und an den Handgriffen optimiert. Nun schaffen wir, wenn jeder wach und ausreichend Koffein intus hat, einen Start in einer halben Stunde. Und wir haben unseren Kisten Namen gegeben, z.B. die grässliche Gretel. Das hilft bei der Orientierung :-)

    Viele Grüße aus Südafrika,
    Steffi

    1. „grässliche Gretel“, tolle Idee. Also nicht der Name, obwohl, der auch, sondern die Idee, die Boxen zu benennen. „Wo ist denn schon wieder das scharfe Messer?“. „Das steckt in der grässlichen Gretel!“. „Dann dreh’s nochmal rum :-)“

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