Die Hände von Cerro Castillo

Entlang der Carretera Austral in Chile zu fahren ist so toll, dass man tatsächlich Gefahr läuft, an so manchen Sehenswürdigkeiten einfach vorbei zu fahren, weil Straße und Landschaft so schön sind. So zum Beispiel auch an den Händen von Ville Cerro Castillo.

Cerro Castillo liegt an der Ruta 7, der Hauptverbindung Chiles vom Norden in den Süden. Das kleine Örtchen mit seinen wenigen Häusern ist nicht sonderlich sehenswert. Eigentlich gibt es nichts, bis auf dieses Tal umgeben von ein paar Andengipfeln und dem Fluss, der durch selbiges Tal fließt. 449 Einwohner zählt Cerro Castillo; das spricht wahrscheinlich für sich.

Von Süden kommend ein paar Kilometer vor der Stadtgrenze weist ein unscheinbares Holzschild den Weg von der Rüttelpiste auf den Feldweg in Richtung des Schulmuseum. Fahrend konzentriert man sich eher auf die Schlaglöcher in der Ruta 7, auch hier fährt man eher vorbei, als auf die Ausfahrt zu achten. Natürlich ist das Schulmuseum, das 4 Kilometer am Ende des Feldwegs liegt, geschlossen. Eigentlich soll man hier die Tickets für die einzige Sehenswürdigkeit weit und breit bekommen soll. Wir ziehen also so los und suchen uns den nächsten Trampelpfad der in Richtung Fels führt.

Zwanzig Minuten bergauf und durch ein kleines Tal bergab sind es dann noch, bis wir vor dem Felsvorsprung stehen. In unserem Rücken das Tal, die schneebedeckten Andengipfel, Cerro Castillo. Und vor uns rote Handabdrücke an der Felswand. Positive und negative Abdrücke, vereinzelt auch in orange und grün.

Die Hände von Cerro Castillo

3.000 Jahre alt sollen die Handabdrücke sein. Die roten zumindest. Die grünen und orangen sind später dazu gekommen, wann genau ist jedoch nicht sicher. Bis heute weiß man auch nicht so genau, was es mit den Handabdrücken auf die hat. Aus reiner Langeweile werden sie nicht entstanden sein, aber ob rituell oder spirituell, das kann man nicht mit Gewissheit sagen.

Schon seltsam, wenn man davor sitzt und sich vergegenwärtigt, dass hier, mitten im chilenischen Nichts, an einem Ort, an dem es selbst heute keine Menschenmassen siedeln wollen, unsere Vorfahren gelebt, Farbe angerührt und Hände an die Wand gemalt haben. Irgendwie unwirklich, schön anzusehen. Und fast vorbei gefahren.