Ship, ship, hooray!

Montag früh um zehn. Montag Nachmittag um vier. Dienstag um acht. Es war schon ein ewiges hin und her, wann wir denn nun wirklich aufs Schiff könnten. Zusammen mit Ursi und Robert, unsere beiden Mitreisenden aus der Schweiz, hatten wir uns schon auf eine weitere Nacht am O’swaldkai eingestellt. Der nette Mann von der Security versorgte uns mit letzten Infos, mit Zetteln vom Pizza-Service und einem Gute Nacht-Gruß. Die Leute halten uns für bekloppt, die Polizei fragt, was hier hier tun und die Brummifahrer prosten uns im vorbeifahren zu.

Und während wir da so saßen in unserem provisorischen Wohnzimmer zwischen Containern und unzähligen neongelben Krankenwagen auf dem Weg nach Ägypten, da kam Herr Schneider angeschossen und brachte uns, statt Thunfischsalat und Pizza die erfreuliche Nachricht, dass wir uns gegen 21.00 Uhr doch nochmal bei der Security melden könnten. Vielleicht könnten wir doch noch des Nachts auf die Grande Angola.

Die Grande Angola

Viertel vor neun. Ein kurzer Blick in die Pässe, ein Ausdruck und die Anweisung, mittels des Barcode-Zettels durch die Schranke zu fahren und dann den Anweisungen der Eskorte zu folgen. Und von da an ging alles rasend schnell. Mit Warnblinkern und 30 km/h durch unzählige Container, Schrottkarren und niegelnagelneuen besternten Cabrios hindurch führte und das Pacecar zur Grande Angola. Unsere Security-Eskorte deutete uns einen Parkplatz und ward verschwunden.

Da standen wir also. Vor uns dieses Trumm von schwimmendem Parkhaus. Weiß, orange angestrahlt und vom Rauch der Dieselmotoren umhüllt. Und wir so klein daneben. Vielleicht ein bisschen hilflos, in jedem Fall aber ziemlich ratlos. An uns vorbei rauschen nicht mehr ganz TÜV-gerechte Karossen, manchmal mit laufendem Motor, manchmal werden sie auch eher unsanft von einem mit Altreifen ummantelten Schubser-Auto in das schwimmende Parkhaus getrieben. Roberto erbarmte sich dann unser und stellte sich als Crewmitglied vor.

Boarding

Wir können nun an Bord, sagt er und ist wenig begeistert über unsere drei Zarges-Boxen, die mit wollen. Wobei sich seine offensichtliche Nicht-Begeisterung wirklich in Grenzen hält. Er, wie alle anderen Crew-Member, die wir an diesem Abend noch kennenlernen, sind ausgesprochen nett und fast schon übertrieben höflich.

Warnweste anziehen, Pässe vorzeigen und ab in den Aufzug. Der misst gerade einmal 80 mal 80 Zentimeter. Zu klein für uns und das Gepäck. Also fahren wir in drei Schichten nach oben.

Sonny, unser Steward, zeigt uns die Kabine, nimmt uns Reise- und Impfpässe ab und ist wieder verschwunden. Klopft später wieder unter vielen Entschuldigungen an und sagt uns noch, wann es Frühstück gibt und das wir ihn jederzeit in Anspruch nehmen können. Außer heute Abend. Und morgen auch nicht, da muss er nämlich noch persönliche Dinge erledigen. Aber sonst immer. Aber nur bis Antwerpen, weil da geht er von Bord.

Was für ein Wahnsinn: Wir sind auf dem Schiff.

Wahnsinn. Wir stehen auf einem riesigen Frachter. Über 3.000 Autos, rund 1.350 Container sind mit uns an Bord (wenn das Schiff voll ist). Unsere Kabine befindet sich in der zwölften Etage. Das Schiff ist so hoch wie ein Hochhaus. 210 Meter lang, 32 Meter breit. Soweit das Auge reicht sind Waren für die halbe Welt mit uns auf der Grande Angola. Und wir mitten drin. Ich bin total geflasht. Wie häufig erlebt man – wenn man langsam älter wird – schon etwas absolut und total neues? Viel zu selten. Und wie oft macht man so ein once in a lifetime-Ding?

Das Nass der Dusche ist nach den staubigen Tagen auf dem Wohnmobilhafen in Hamburg ein echter Genuss. Und der kleine Schluck Duke an Deck mit einem irren Blick über den Hamburger Hafen nicht minder. Der Tag mit seinem ewigen hin und her hat uns echt geschlaucht. Und die Nacht an Bord der Grande Angola, noch mitten im Hafen war wirklich seelig.

„Good morning, Sir! – Goog morning, Mam!“, begrüßt uns heute früh eines der Crewmitglieder im Flur. Wieder so freundlich. Nach der Nacht ist klar: Ja, wir sind hier. Ja, jetzt geht es richtig los. Die Grande Angola läuft am Nachmittag aus. Vorher haben wir hoffentlich noch die Gelegenheit, den Defender an Bord zu holen. Und dann geht es mitten durch den Hamburger Hafen die Elbe entlang in Richtung Nordsee.

Wir freuen uns auf die kommenden Wochen auf See. Auch – oder gerade – ohne Internet. Mit etwas Glück melden wir uns nochmal aus London oder Antwerpen. Danach ist aber wirklich Schluss.

Ship, ship, hooray!